Description
Heinrich Harmjanz writes to Wolfram Sievers regarding concerns about Dr. Zastrau, after Zastrau's father-in-law Dr. Gernlein had attempted to intervene. He notes Zastrau's past as a Marxist and strong opponent of National Socialism who made disparaging comments about Nazis and Hitler. He mentions Zastrau's hunger for power and a mysterious disappearance from a previous position. Harmjanz refers to rumors that Zastrau was romantically involved with a Jew and states that this has not been denied. He concludes that while his knowledge of Zastrau was limited to the period of 1930-1933, such an individual would not be welcome in the Ahnenerbe.
Date
4-23-1939
Document Type
Letter
City
Berlin
Keywords
Ahnenerbe, Heinrich Harmjanz, Zastrau, Jews, Nazi Germany, Gernlein
Disciplines
European History | Political History
Sender
Heinrich Harmjanz
Recipient
Wolfram Sievers
Corresponds to:
Folder 15, Document 12
Language
German
Transcription
Dr. phil. Heinrich Harmjanz o. ö. Professor
Berlin – Zehlendorf – Mitte 4 Meiereifeld 26 I, den 23.4.39
Herrn SS-Sturmbannführer Sievers Reichsgeschäftsführer des "Ahnenerbe" Berlin-Dahlem
Lieber Kamerad Sievers!
Zum Schreiben des Herrn Oberlandforstmeisters Dr.d.c.Gernlein –Potsdam nehme ich wie folgt Stellung: Die Auffassung der Herrn Oberlandforstmeisters ist völlig abwegig; seine Meinung, daß meine Stellungnahme zum Fall Zestrau "diesen im Kreise der Teilnehmer und durch sie wieder in weiterer Öffentlichkeit schwerstens herabsetze," bedarf eingehender Berichtigung.
Ich habe vertraulich im engsten Kreise einen nackten Tatsachenbericht über das politische Vorleben von Herrn Dr. Zastrau gegeben, das ich wie auch andere, z.B. der im Ahnenerbe tätige Dr. Pohl, genaustens aus der Zeit von 1930 bis etwa 1933 kennen. Jedenfalls bin ich sehr erstaunt, daß irgend einer der Teilnehmer der Sitzung – ich weiß nicht, wer – sich eines groben Vertrauensbruches schuldig machen konnte. Den Inhalt meiner Ausführungen über Zastrau darf ich noch einmal kurz zusammenfassen: Zastrau war ein typischer Vertreter marxistischer Weltauffassung; er war hundertprozentig Individualist mit einer seltsamen Mischung von Romantik und bündischer Haltung. Er kam als Jünger eines Hochschullehrers nach Königsberg aus Berlin der Völlig ein Zentrumsmann war und sich als dieser ausgab und betätigte. Er war ein absoluter Gegner des Nationalsozialismus in Wort und Tat. Er war der geistige Führer aller dem Nationalsozialismus feindlichen Studenten und Studentinnen innerhalb des deutschen Seminars in engster Anlehnung an seinen Lehrer Professor Dr. Weber, mit dem Zastrau durch dick und dünn ging. Nach der Machtübernahme war Zastrau allerdings der erste, der sich zum Wortführer gegen seinen eignen Lehrer Weber machte, wodurch er sich bei allen ns. Studenten das letzte Ansehen in charakterlicher Hinsicht verspielte.
Jeden nationalsozialistischen Studenten –ich war Hochschulgruppenführer des NS-Studentenbundes in Königsberg Pr 1930 gewesen- hielt er für einen Radaubruder, geistigen Proleten, Hitler für einen Parvenu, die Partei für einen Verein ohne Geist usw. Das sind allein Äusserunge die Zastrau zu mir selbst tat.
Ich erwähnte weiter, daß Zastrau ein kluger, geschickter über den Durchschnitt begabter Mensch sei, dabei aber leider auch nicht ohne Intrigensucht und Machthunger. Aus der Gauleitung Königsberg Pr habe er aus mir nicht ganz klaren Gründen, aber jedenfalls aus sehr anrüchigen Gründen sehr schnell verschwinden müssen. Auskünfte könnte die Gauleitung Ostpreussen (Gauschulungsleiter Dargel) geben.
Nach meinen Erfahrungen mit Zastrau hielte ich mich verpflichtet, dieses mir bekannte über Zastrau hier eindeutig mitzuteilen, da ich es für allein richtig hielte, daß in unserer Gemeinschaft nur Leute ohne "Vergangenheit" mitarbeiteten. Nachdem alle Anwesenden mir zustimmten, erwähnte ich noch zur Abrundung – aber ganz am Rande – daß Zastrau seit 1930 etwa oft mit einem "weiblichen Wesen zweifelhaften rassemässigen Aussehens"-die Bezeichnung Jüdin ist nicht gefallen – zusammen war und daß man munkelte, daß er mit ihr eine Zeitlang in wilder Ehe gelebt habe. Jedenfalls hat Zastrau nichts, auch garnichts zu einem Dementi in dieser Hinsicht getan, obwohl er oftmals dazu Gelegenheit gehabt hätte.
Ich betonte noch ausdrücklich, daß alle diese meine Erwähnungen sich auf eine Zeit von 1930 bis etwa 1933 bezögen und ich die jetzige Lage nicht übersähe, wohl aber wisse, daß Zastrau seit 1937 Parteigenosse sei. Dabei fiel mir einer der Anwesenden – ich glaube, es war Herr von Monroy – ins Wort mit der Bemerkung: "Das will ja weiter nichts besagen!"
Ich habe keinerlei Veranlassung meine Meinung über den Schwiegersohn des Herrn Oberlandfortsmeister Dr.h.c.Gernlein-Potsdam zu ändern; ganz im Gegenteil: in charakterlicher Hinsicht habe ich gegen Zastrau die schwersten Bedenken. Ich weiß, dass Zastrau sich überall, wo es nur geht, bemüht, zum Zuge zu kommen, sei es nun durch eine Beihilfe für den Hochschullehrernachwuchs beim Reichserziehungsministerium, sei es im Amte Rosenberg innerhalb der Arbeitsgemeinschaft um Herrn Professor Dr. Baeumler, sei es beim NS-Dozentenbund oder beim Ahnenerbe. Eine Überzeugung hat Herr Zastrau nicht!
Im Ahnenerbe können wir Spaltpilze und wissenschaftliche Snobs, die persönliche Geschäfte machen wollen, nicht gebrauchen; wir wollen anständige Kerle, die bereit sind, für eine Sache den Kopf hinzuhalten und dafür arbeiten wollen. Und Zastrau ist zu den letzteren nicht zu rechnen.
Heil Hitler!
in kameradschaftlicher Verbundenheit Ihr [Harmjanz.]
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Recommended Citation
Harmjanz, Heinrich, "Letter from Heinrich Harmjanz to Wolfram Sievers, April 23, 1939" (1939). Miscellaneous Documents. 4.
https://digitalcommons.ursinus.edu/ahnenerbe_misc/4